Dokumentation des Wandels der BGPN
Die Herstellung des letzten Mitgliederverzeichnisses liegt ca. 10 Jahre zurück - Anlaß genug zur Neuauflage und Dokumentation von etwas Zeitgeschichte der so traditionsreichen BGPN.
1997 wurde der 130jährige Geburtstag der Gesellschaft gefeiert - veranstaltet durch den Hausherrn in der Nervenklinik am Campus Mitte, Herrn Prof. Einhäupl. Während die Rückschau in die Vergangenheit überzeugend erkennen lässt, dass die BGPN zu den wichtigsten Institutionen gehörte, in der Begründer der Fächer Neurologie und Psychiatrie zusammenkamen, diskutierten und ihr Wissen austauschten, ist der Blick in die Zukunft der BGPN nicht zwingend von der gleichen positiven Grundstimmung getragen. Die Divergenz der Disziplinen, die nicht nur zu eigenen Lehrstühlen, sondern auch zu getrennten Facharztausbildungen geführt hat, war eine erste Herausforderung für das Gesamtfach.
Heute steht die BGPN in Konkurrenz mit einer Vielzahl von Angeboten wissenschaftlicher, gesundheits- und berufspolitischer Einrichtungen in der Stadt. Zwei Universitäten ringen um wissenschaftlichen Fortschritt, Impact und Anerkennung, Berufsverbände um Ökonomie, die Ärztekammer um Inhalte der Weiterbildung, der Chefarztkreis um Kompetenz bei deren Vermittlung und die Kassenärztliche Vereinigung um Ressourcen - alles umrahmt von willkürlichen Gratifikationen der Pharmazeutischen Industrie inzwischen reglementiert durch das Antikorruptionsgesetzes.
Zwischen 1997 und 2000 haben sich erhebliche Veränderungen der Rahmenbedingungen für unser Fach ergeben. So wurde von Berliner Senat die Schließung von 927 psychiatrischen Betten im Rahmen des Krankenhausplans 1999 beschlossen, was praktisch die Halbierung der Bettenmeßziffer bedeutet. Es mußte der Versuch abgewehrt werden, die Psychiatrische Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin zu schließen. Aufgrund der Sparvorgaben des Berliner Senats, die unser Fach besonders hart trafen, konnte allerdings nicht verhindert werden, daß die Psychiatrischen Kliniken der Humboldt- und der Freien Universität jeweils in ein Zwei-Träger- Modell überführt wurden, was eine massive Schwächung der Universitätspsychiatrie in Berlin bedeuten dürfte.
Aufgrund der explosionsartigen Entwicklung der Neurowissenschaften war hingegen der gleiche Zeitraum für die Neurologie in der Stadt durchaus fruchtbar - bei örtlich wiederum recht unterschiedlichen Strukturentwicklungen - wenn man an die Errichtung von stroke-units, allerdings auch von umstrittenen neurogeriatrischen Spezialstationen denkt.
Das Kernstück unserer Aktivitäten - die wissenschaftlichen Abend- und Halbjahresveranstaltungen - fand wechselndes Interesse. Unser Versuch scheiterte, "Psychiatrische Falldemonstrationen" als eine dauerhafte Fortbildungsveranstaltung der BGPN einzurichten. Deshalb wurde in Kooperation mit der Psychiatrischen Klinik der FU ein Curriculum zusammengestellt, das 1993 - 1996 inzwischen als Gegenstück zum Neurologischen Facharztkurs gut angenommen wird. Noch nicht gut verankert sind landesweite Weiterbildungsverbünde für die Psychotherapie-Komponente der neuen Weiterbildung zum Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie; hier ist eine mögliche Rolle der BGPN denkbar.
In diesem schwierigen Umfeld hat der Vorstand versucht, immer wieder die Zielvorstellung der BGPN umzusetzen, satzungsgemäß einen wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch ihrer Mitglieder in einer kollegialen und freundschaftlichen Atmosphäre zu erreichen. Exemplarisch sind im folgenden auch einige Aktivitäten widergegeben. Wir hatten gehofft, damit den Interessen unserer Mitglieder zu entsprechen, haben aber wohl viele niedergelassene Kollegen nicht erreicht, die eher von Sorgen über Budgetierungen getrieben waren. Einer Verpflichtung haben wir in dieser Zeit sicher entsprechen können: der grundlegenden Restauration und Pflege der Grabstätte von Wilhelm Griesinger.